FEUCHT
- Ein Thema, das provoziert, das berührt, mit dem man sich bestimmt
schon das eine oder andere Mal selbst konfrontiert sah. Frauenrechtlerinnen,
Unterdrückung Gleichberechtigung, Erziehung, Geschichte, Kirche,
Rollenklischees und Rollenerwartungen, Wahlrecht, Kämpferinnen, Trümmerfrauen,
Frauen, die ihren Mann stehen, Sex-, Status- und Schönheitssymbol
- reich ist die Beziehungsgeschichte- zwischen Mann und Frau schon allein
im Blick auf die letzten beiden Jahrhunderte. Was macht eine starke Frau
aus?
Dieses Thema hatte der Themenkunstverein Feucht seiner jetzt im Kunstcafe
Bernstein eröffneten Ausstellung „Starke Frauen" zugrunde
gelegt. Auf zwei Stockwerke verteilt zeigen rund 40 Exponate vom Bild
bis zur Plastik die unterschiedlichen Auffassungen der Künstlerinnen
und Künstler des Vereins. Seit Jahren fördert der Feuchter Verein
unter Vorsitz von Maler Hans Joachim Strauß unentgeltlich Kunst
jeder Art, veranstaltet monatlich ein Treffen, bei dem sich Künstlerinnen
und Künstler austauschen und neue Ausstellungen planen.
Zur Ausstellungseröffnung konnte sich Strauß über ein
volles Haus freuen. Als Hinführung zum Thema und für den Dialog
mit den Gästen hatte jedes Mitglied ein paar kurze Sätze zum
Bild beziehungsweise Thema vorbereitet. Moderatorin Vicky Marx provozierte
gleich zu Beginn. Ob „Starke Frauen" nicht das falsche Thema
sei, fragte sie, denn stark sei ja ein männliches Attribut. Die Stärke
einer Frau - ist es ihre uralte erd- und naturverwurzelte Kraft, die Frauen
schon immer mit den Mysterien der Natur und Fruchtbarkeit in Verbindung
brachte? Dryaden, Frauen als Baumgeister, mit den Füßen fest
am (oder im?) Boden, aber dem Himmel, der Befreiung zustrebend? Oder ist
wirklich die rein physische Kraft gemeint, etwa die einer Boxerin, die
sich wehren kann, zurückschlägt und sich nichts gefallen lässt?
Frauen werden gezeigt, die Kindern Sicherheit, Geborgenheit und Schutz
geben, eine Mutter (Gottes?) mit Kind, eine Großmutter mit ihren
Enkeln, beide verklärt mit Attributen wie Heiligenschein und - nur
ganz fein angedeutet - dem Mantel und der Krone der Himmelskönigin.
Zu sehen sind auch Frauengesichter in einer Fotocollage, Aktbilder, vom
Leben gezeichnete Gesichter unterschiedlicher Hautfarbe und Kultur, in
kalten Blau- und Weißtönen, Männer und Frauen schemenhaft
in einer langen Reihe vor einem drohenden Himmel. Flüchtlinge?Vertriebene?
Gefangene auf dem Weg ins Lager? Vielleicht ist eine starke Frau einfach
eine, die sich in ihrer Haut wohl fühlt, sich mit allen ihren Rundungen
und Empfindlichkeiten akzeptiert? So wie es das Bild der rundlichen Frau
im Badeanzug mit Eis ausdrückt, die einfach nur sie selbst ist.
Wer sich diese kontrastreiche und vielseitige Ausstellung im Kunstcafe
Bernstein in der Fischbacher Straße 10 in Feucht ansehen möchte,
kann dies zu den Öffnungszeiten des Cafes montags bis freitags von
9 Uhr bis 19 Uhr und an den Sonn- und Feiertagen von 14 Uhr bis 20 Uhr
tun. Weitere Informationen zum Themenkunstverein und Kunstcafe im In ternet
unter www.kunstcafebernstein.de.
Dorothee Krätzer
(Aus
"DER BOTE" vom 27.01.2010)
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Unser
Mitglied Martha Braisz beschäftigte sich mit dem obigen Zeitungsartikel
zur Ausstellung „Starke Frauen" im Cafe Bernstein im Rahmen eines
Leserbriefes an den "Boten" (28.01.2010):
Außergewöhnliche Frauen
Bei dem Bilderthema „Starke Frauen" ging es nicht darum, die
Stellung der Männer herabzusetzen, sondern Frauen zu zeigen, die in
ihrem Leben Außergewöhnliches geleistet haben. Beispiele hierfür
wären Frauen, die in der Bibel genannt werden, wie Debora, Hulda, Pua
und Schira, um nur einige zu nennen. Es waren Mahnerinnen, Ruferinnen, Helferinnen
ihrer Völker. Die heilige Elisabeth von Thüringen ging zu den
Armen, versorgte sie mit Nahrung und pflegte sie. Hildegard von Bingen war
eine sehr kluge und belesene Frau, die die Wirkungsweise von Pflanzen erkannte.
Ihr Wissen half vielen Kranken und ihre Erkenntnisse sind bis heute aktuell.
Nach dem Krieg waren es die Trümmerfrauen, die Hand anlegten, die Trümmer
des Krieges beseitigten und Neues aufbauten. Mutter Theresa sammelte die
ärmsten der Armen in den Gassen auf und half, so gut es ging. Aber
wir brauchen gar nicht so weit zurückzugehen. Die Rummelsberger Chefärztin
Dr. Annemarie Schraml und ihre Mitstreiter helfen Jahr für Jahr vielen
körperbehinderten Kindern in Afrika und bauen dort eine eigene Versorgung
auf. Rund um die Uhr und unter erschwerten Bedingungen werden Operationen
und Behandlungen durchgeführt. Vielen, vielen Kindern haben sie durch
ihren selbstlosen Dienst ein neues Leben geschenkt. Das sind „starke
Frauen", die es wert sind, in einem Bild festgehalten zu werden.
Martha Braisz, Feucht
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FEUCHT - Man weiß nicht, ob man sich mehr über die ausgezeichnete
Qualität seiner Bilder oder die geistige Fitness und Schlagfertigkeit
des 90-jährigen Max Mannheimer wundern soll, der seit Dienstag 20
seiner Werke im Kunstcafe Bernstein ausstellt. Ganz sicher aber ist Mannheimer,
einer der letzten noch lebenden Zeitzeugen des verbrecherischen Nazi-Regimes,
dafür zu bewundern, dass er - nachdem er während des 2. Weltkriegs
vier Konzentrationslager überlebte - wieder in Deutschland lebt und
arbeitet. Und das, obwohl er sich nach seiner Befreiung 1945 geschworen
hatte, nie wieder hierher zurückzukommen. Er tat es dennoch, der
Liebe wegen, und setzte sich daneben das Ziel, umfassend über die
Vorgänge im Dritten Reich aufzuklären, um eine Wiederholung
des Holocausts zu verhindern. Gleichzeitig begann er mit Hilfe der Malerei
sein eigenes Trauma zu verarbeiten.
Marktgemeinderat Ernst Klier gelang es, Max Mannheimer nach Feucht zu
holen, wo er mit Realschülern über seine Erlebnisse in den KZs
sprach und an der Vernissage seiner Ausstellung im Bernstein teilnahm.
Wer geglaubt hat, diese Veranstaltung müsste angesichts des dramatischen
historischen Hintergrunds ein düsteres Ereignis werden, sah sich
getäuscht. Mit viel Witz und guter Kondition, entspannt und aufgeschlossen,
begegnete Mannheimer den Besuchern der Ausstellung und wurde nicht müde,
Fragen zu beantworten und Anekdötchen zu erzählen.
Bernstein-Hausherr Hans-Joachim Strauß eröffnete in einer launigen
Ansprache die Bilder-Schau, freute sich natürlich, Mannheimer in
Feucht begrüßen zu können. „Es ist unglaublich,
dass Sie hierher kommen und so ein Vertrauen in uns haben nach Ihrer Vergangenheit",
fand der Vorsitzende des Themen-kunstvereins. Die Ausstellung, die unter
dem Motto „Malen gegen die Erinnerung" steht, zeige, dass Malen
zwar keine Problemlösung sei, aber dennoch durch die Herstellung
von Öffentlichkeit eine Hilfe bei der Bewältigung eines Traumas
sein und es erträglicher machen kann.
Esso-Kalender als Vorlage
Mannheimer konterte bescheiden, dass er eigentlich nicht gegenständlich
malen könne und erinnerte sich an seine Schulzeit, in der ein Mitschüler
im Kunstunterricht seine Bilder malte als Gegenleistung für die Korrektur
tschechischer Aufsätze. Dennoch begann er mit dem Nachzeichnen von
gegenständlichen Motiven. Und auch hier blitzt der Witz wieder durch,
wenn der alte Herr erklärt, warum er als Jude das Kirchlein St. Bartholomä
malte: „Im Esso-Kalender, der mir die Vorlagen lieferte, war halt
keine Synagoge enthalten", erklärte Mannheimer verschmitzt.
Ernst Klier freute sich über die vielen Besucher und dankte dem Markt
Feucht für die finanzielle Unterstützung der Veranstaltung,
die im Rahmen der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion
Nürnberg durchgeführt wird, der der Markt 2009 beitrat.
Zweiter Bürgermeister Heinz Satzinger betonte in seinem Grußwort,
dass das Engagement gegen Rechtsextremismus der Marktgemeinde Feucht ein
großes Anliegen sei, weswegen man die Aktion gern finanziell unterstütze.
„Sohn des Jakob"
Die Vorsitzende des Kunstvereins Ottobrunn, Doris Laves-Wegat, die Mannheimer
schon seit längerem kennt und begleitet, erläuterte, warum er
seine Bilder mit ben jakov signiert. Dies ist hebräisch und bedeutet
„Sohn des Jakob". Mannheimer hat sich für die Malerei
also eine Art Pseudonym zugelegt, in dem er an seinen Vater Jakob Mannheimer
erinnert. Als der Künstler 1954 mit der Malerei begann, sei das Therapie
für ihn gewesen, er habe Fotos abgemalt als eine Art Konzentrationsübung,
um die
Schrecken der Vergangenheit zu „übermalen". Doch nach
vier Jahren änderte er seinen Malstil, nachdem er Kandinskys Werke
kennen gelernt hatte. Er beschloss, nur noch abstrakt zu malen und zerstörte
seine gegenständlichen Arbeiten, denn durch die nicht gegenständliche
Darstellung von Form und Farbe könne er das Erlebte besser loswerden,
fühlte er.
Dass er ein emotionaler Maler ist, sieht man den Bildern an. Sie sind
voller Kontraste, zeigen oft gleichzeitig Finsternis, Freude und Erlösung.
Auch in den düstersten Werken gibt es immer irgendwo Lichtpunkte.
Unterschiedlichste Methoden und Materialien verwendet der Künstler,
zunächst Kunstharz, aber auch Öl und Hinterglasmalerei gehören
zu seinen Techniken.
Wichtig erschien es Laves-Wegat, dass Mannheimer alias ben jakov nun nicht
mehr aus therapeutischen Gründen malt, sondern mit einem eher spielerischen
Ansatz ans Werk geht. Man merkt dies auch in der Farbwahl, die Bilder
zeigen mehr Leben und Lebensfreude. Denn nun, so die Kunstvereinsvorsitzende,
malt er, um sich zu entspannen und nicht mehr um die Vergangenheit zu
bewältigen. Denn nach wie vor ist der 90-Jährige als Aufklärer
und Zeitzeuge ständig unterwegs.
Dies untermauert Mannheimer, indem er bekräftigt, dass er die jungen
Leute, die er seit 1986 in Schulen und anderen Einrichtungen besucht,
„wach machen will gegen Diskriminierung", ihnen aber auch gleichzeitig
nahe legen will, das Leben zu lieben. Er wolle Zeuge, nicht Richter sein,
erklärt er ernst, bevor er wieder eine Anekdote nach der anderen
aus seinem langen und harten Leben zum Besten gibt.
Die Ausstellung ist noch bis einschließlich Sonntag, 28. März,
zu den Öffnungszeiten des Cafes Bernstein zu sehen. Die Bilder sowie
sein „Spätes Tagebuch" sind käuflich zu erwerben.
Gisa Spandler
(Aus
"DER BOTE" vom 18.03.2010)
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